Interview mit Herrn Rechtsanwalt Fette, Anwalt von Karl Valentin
Frage: Herr Rechtsanwalt Fette, wieso braucht Karl Valentin heute eigentlich noch einen Anwalt und Verwalter seines urheberrechtlichen Nachlasses?
Rechtsanwalt Gunter Fette: Das lässt sich ganz einfach beantworten: weil das gesetzliche Urheberrecht für eine Zeitdauer von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers besteht.
Da Karl Valentin im Jahr 1948 gestorben ist, dauert der Urheberrechtsschutz somit noch bis zum Jahre 2018.
Frage: Was bedeutet denn Urheberrecht eigentlich genau?
Rechtsanwalt Gunter Fette: Für die Dauer des Urheberrechtsschutzes kann ein Urheber alleine darüber bestimmen, ob und in welcher Weise und durch wen seine Werke z. B. bei Karl Valentin seine Bühnensketche, seine hiernach gedrehten Filme, die Tonaufnahmen seiner Werke, seine Masken-Bildnisse, seine originellen Sprüche ( - die gerne als Zitat für alle möglichen Werbezwecke verwendet werden - ) genutzt werden dürfen.
Dazu gehört natürlich auch die Befugnis, darüber zu bestimmen, welches Entgelt für eine beabsichtigte Nutzung zu zahlen ist.
Frage: Nun ist aber Karl Valentin doch schon 1948 gestorben - und aus dem Himmel kann er ja nicht mehr darüber verfügen, was mit seinen Werken gemacht werden darf - oder auch nicht.
Rechtsanwalt Gunter Fette: Bei Karl Valentin wäre ich mir nicht so sicher, ob er nicht auch noch aus dem weißblauen Himmel bei der Nutzung seiner Werke dazwischenfunkt, wenn ihm etwas nicht passt.
Rechtlich gehen jedoch alle Befugnisse eines Urhebers bei seinem Tod auf seine Erben über, die dann in gleichem Maße über die Urheberrechte bestimmen können wie der Urheber selbst. Karl Valentins Erben waren zunächst seine Witwe, dann seine Tochter Bertl Böheim und seit deren Tod im Jahr 1985 ist es nunmehr seine Enkeltochter Anneliese Kühn. Sie kann also derzeit alleine darüber bestimmen, welche Nutzungen der Karl Valentin Werke erfolgen dürfen und zu welchen Bedingungen, worüber dann jeweils Verträge abzuschließen sind.
Diese Aufgabe hat allerdings schon Karl Valentins Tochter Bertl Böheim Personen ihres Vertrauens übertragen - und seit 1970 bin nun ich damit betraut. Dabei habe ich übrigens nicht nur mit Valentin-Verwertungen in Deutschland oder gar nur in Bayern zu tun, sondern Karl Valentin ist inzwischen in der ganzen Welt bekannt und als ein Jahrhundertkünstler anerkannt. Dementsprechend gilt es Verträge über die Aufführung seiner Bühnenstücke (auch in fremder Sprache), die Vorführung seiner Filme, über Ausstellungen etc. rund um die Welt abzuschließen.
Frage: Also, dass man für Theateraufführungen, Fernsehsendungen, Filmvorführungen und CD-Veröffentlichungen die Genehmigung der Erben als Rechtsinhaber einholen muss, leuchtet danach ja ein.
Aber wenn ich beispielsweise Fotos von seinen berühmten Maskenbildern oder Szenenfotos von seinen Theateraufführungen, einen Textabdruck eines seiner berühmten Sketche verwende, z. B. im Internet auf einer Web-Site, dann brauche ich doch wohl nicht extra eine Genehmigung dafür, denn ich habe mir ja das Buch mit den Fotos und seinen Texten oder eine DVD mit seinen Filmen oder eine CD mit seinen Original-Tonaufnahmen gekauft und dafür bezahlt. Dann muss mir diese Verwendung doch wohl erlaubt sein?
Rechtsanwalt Gunter Fette: Das ist ein großer Irrtum, der allerdings zunehmend verbreitet ist, weil man heutzutage meint, im Internet könne man alles machen, sowohl Inhalte hineinstellen, als auch downloaden, ohne dafür jemand um Genehmigung fragen oder gar etwas dafür bezahlen zu müssen.
Selbstverständlich ist jedoch auch eine solche Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken in den neuen elektronischen Medien nur mit Genehmigung des Urhebers oder seiner Rechtsnachfolger zulässig - und regelmäßig auch nur gegen ein entsprechendes Entgelt.
Der Kauf eines Buches, eines Bildbandes, einer CD oder einer DVD schließt in keinem Fall die Berechtigung zu einer solchen Weiterverwertung des urheberrechtlich geschützten Inhaltes in anderen Medien ein. Jegliche Nutzung eines urheberrechtlichen Werkes ohne Genehmigung des Rechtsinhabers ist vielmehr geistiger Diebstahl und wer dies tut, ist letztlich nicht anders zu behandeln, wie jemand, der die sprichwörtlichen "silbernen Löffel" klaut.
Auf jeden Fall riskiert ein unberechtigter Nutzer irgendwelcher künstlerischen Leistungen Karl Valentins, die bekanntlich sehr vielfältig waren, eine rechtliche Abmahnung mit der Verpflichtung zur Unterlassung und Kostenzahlung sowie zur Leistung von Schadenersatz in angemessener Höhe.
Da viele Leute diese eindeutige Rechtslage ignorieren und Karl Valentin missbräuchlich und unberechtigt nutzen, braucht Karl Valentin heutzutage - fast sechzig Jahre nach seinem Tod - dringender als je zuvor einen Anwalt, der über die Wahrung der rechtlichen Befugnisse an seinen geschützten Werken zu achten hat.
Viel erfreulicher als die Verfolgung unberechtigter Nutzungen sind für den Verwalter seines urheberrechtlichen Nachlasses allerdings Aktivitäten, die zur weiteren Verbreitung und Aufrechterhaltung des Andenkens an Karl Valentin beitragen und den Rechtsinhabern eine angemessene Vergütung für die Nutzung ihres Besitzstandes gewährleisten.
Frage: Herr Rechtsanwalt, sie haben sich nun seit rund 35 Jahren intensiv mit Karl Valentin beschäftigt- welches seiner Werke gefällt Ihnen denn besonders gut?
Rechtsanwalt Gunter Fette: Dies kann ich eigentlich gar nicht sagen, da ich auch nach so langer Zeit in den über 400 Werken Karl Valentins immer noch Neues entdecke. Es sind auch manchmal einzelne, besonders markante valentineske Textpassagen, die mich besonders erfreuen, wie z. B. der Schluss vom "Alpensänger-Terzett".
Wenn ich mich aber schon auf ein ganz bestimmtes Werk festlegen soll, dann ist es wohl die Verfilmung der "Orchesterprobe", die mir ganz besonders gut gefällt und die ich jedem bisher noch nicht zum Valentin-Liebhaber gewordenen Interessenten zur Einführung in seine unnachahmliche, einzigartige Komik empfehlen möchte.
Herr Rechtsanwalt Fette, wir danken Ihnen für das informative Gespräch.
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