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Aus der Kinderzeit des Films
Karl Valentin erkannte sehr früh die Möglichkeiten, die der Film für sein künstlerisches Schaffen bot. Er war der erste Künstler aus dem Umfeld der Münchner Volkssänger-Szene, der seine Szenen mit Hilfe des Films einem größeren Publikum zugänglich machen wollte.
Schon 1912 richtete er in München, technisch und künstlerisch fasziniert von dem noch jungen Medium, sein eigenes Filmstudio ein. Als technikfaszinierter Autodidakt kümmerte er sich nicht nur um die Inhalte seiner Darbietungen, sondern auch um die technische Umsetzung, die Beleuchtung, kurzum um alles.
In seinen autobiographischen Erinnerungen berichtet Valentin davon: " Die Münchner haben es wahrscheinlich längst vergessen, dass ich in ihren Mauern der erste Filmunternehmer Bayerns war. (...) Ich ließ mir aus Frankfurt die soeben neu erfundenen Jupiter-Scheinwerfer kommen, fünf Stück an der Zahl. Sie kosteten ein paar tausend Mark. (...) All mein sauer erspartes Geld steckte ich hinein, um ein Film-Großindustrieller zu werden. Aber nach sechs Monaten war ich schon rettungslos verkracht. Das erste, was gekracht hat und zwar gleich am ersten Tag waren die fünf nagelneuen Jupiterlampen. Ich packte sie eigenhändig aus und stellte sie tadellos ausgerichtet in Reih und Glied nebeneinander. Wie ich mich ihres Anblicks freute, erblickte ich am Boden meines Ateliers ein langes, altes Brett, das meinen Schönheitssinn störte. Ich packte es an einem Ende und hob es auf. Aber schon war das Unglück geschehen. Der erste Scheinwerfer schwankte und fiel auf den zweiten, der zweite auf den dritten, der dritte auf den vierten und der vierte auf den fünften- bis sie alle zerschmettert auf dem Steinfußboden lagen."
Das Pech, das sich so früh schon zeigt, sollte Valentins filmisches Schafffen begleiten. Sein erster Film hieß "Karl Valentins Hochzeit", ein Stummfilm. Leider war dieser Film gänzlich falsch belichtet, so dass er im nächsten Jahr noch einmal komplett neu aufgenommen werden mußte.
Die Filmtechnik entwickelte sich in dieser Zeit, ausgehend von den rasant wachsenden Studios in Amerika, von der Pionierleistung einzelner hin zur komplexen Teamleistung einer Gruppe hochspezialisierter Experten für Licht, Ton, Kulisse, Regie und Kameraführung. Karl Valentin hingegen ist vor allem Autor und Darsteller aus Leidenschaft und so findet seine Tätigkeit als Filmproduzent rasch wieder ein Ende.
Es wird also nichts mit dem eigenen Filmstudio, aber gefilmt hat Karl Valentin noch oft, zunächst meist Kurzfilme und Bühnensketche wie z.B. 1914 "Der neue Schreibtisch", in dem Valentin die Beine seines Schreibtischs so lange kürzt, bis nur noch ein Brett übrigbleibt und der arme Schreiberling in einer Verkettung unglücklicher Umstände durch die Wohnungsdecke in den darunter liegenden Friseurladen stürzt.
Geniale Mysterien eines Friseursalons
1923 entsteht unter der Mitwirkung von Bert Brecht und Erich Engel der Film "Mysterien eines Friseursalons", eine surrealistische Kommödie, deren Handlung sonderbare Haken schlägt. Alle Darsteller sind mit viel Freude bei der Sache, schwerelos hüpft die Handlung von Gag zu Gag.
Für die Filmkritiker späterer Jahre stellt dieser Film einen der Höhepunkte des künstlerischen Schaffens Karl Valentins dar.
1929 erscheint der abendfüllende Stummfilm "Der Sonderling", doch noch während der Dreharbeiten revolutioniert eine Erfindung die Filmwelt: der Tonfilm.
Dies bedeutet das Aus für den Stummfilm und der "Sonderling" wird nur in einigen wenigen Kinos gezeigt.
Mit der Erfindung des Tonfilms wird das Medium jedoch interessanter für Valentin, denn jetzt kann er seinen Sprachwitz einsetzen. Doch als Problem stellte sich für Valentin stets die Finanzierung der Realisierung seiner Filmideen dar.
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