Mit 20 Jahren verabschiedet sich Valentin, überzeugt von seinem Talent, endgültig
vom Schreinerberuf, er besucht eine Varietéschule
und startet so seine Künstlerlaufbahn. Er bleibt seiner
neuen, selbstgewählten Berufung treu, auch wenn
ihn seine Freude an der Holzbearbeitung sein Leben lang
begleiten wird. In jeder Wohnung richtet er sich eine kleine
Werkstatt ein, in der er mit viel Freude arbeitet. Hier findet er Ruhe und einen handfesten Gegenpol zum hektischen Künstlerleben mit seinen Unwägbarkeiten.
Aber auch bei der Gestaltung seiner Bühnenbilder
kommt Valentin die Erfahrung als Handwerker zugute. Er fertigt
seine Kulissen zum größten Teil selbst an.
Die Werkbank in der Wohnung
1929 erhält der mittlerweile sehr erfolgreiche
Valentin in seiner Münchner Wohnung in der Kanalstraße
Besuch von Nachum T. Gidal, einem jungen Fotografen, der
ihn in seiner Wohnung für eine Fotoreportage in der
Münchner Illustrierten Presse fotografiert.
Gidal beschreibt Valentins Wohnung: "Wir gingen weiter
in dem nun breiteren Gang, bis wir an eine kleine Werkstattecke
(
) kamen. Karl Valentin hatte gerade an einem elektrisch
betriebenen Schleifstein gearbeitet und zwar unter einer
kleinen elektrischen Birne, die gerade noch den Schleifstein
erleuchtete, aber ihn selbst im Dunkel ließ. "Des
is mei Werkstatt", sagte er, "da arbeit ich viel.""
Gidal fotografiert Valentin an der Werkbank, wobei ihm Valentin
als erfahrener Bühnen- und Filmpraktiker wertvolle Tipps zur richtigen
Belichtung gibt. Auch hier erweist sich Karl Valentin als Perfektionist, der in seinem Metier nichts dem Zufall überlässt.
Die Zeit vergeht und Valentin macht als
Künstler weiter Karriere. Doch er bleibt immer bodenständig.
Valentin arbeitet mit Bertolt Brecht und anderen Größen.
Er tritt in den Münchner Kammerspielen und im Swinging Berlin der 20er und 30er Jahre auf
und wird von Tucholsky und Karl Krauss gewürdigt.
Aber
bei allem Trubel wirken Valentin und Karlstadt auf Fotos
aus Berlin irgendwie unbehaglich. Es sind Münchner,
Auer Vorstadtpflanzen, die den Berliner Großstadtrubel
misstrauisch beäugen und sich nicht einfangen lassen
von seinen Verlockungen und dem vordergründigen Glanz.
Karl Valentins scharfes Auge blickt hinter die Kulissen und
seine Pläne bleiben geerdet.
Jedesmal ist Karl Valentin froh, wenn er
wieder zurück im gemütlichen München ist.
Auch in seinem Haus in Planegg richtet sich
Karl Valentin eine Werkstatt ein, in die er sich immer wieder
zurückzieht. In ihr entstehen Gebrauchsgegenstände
für den eigenen Bedarf. So fertigt er für seine
Enkelin Holzspielzeug und einen Schulranzen aus Holz mit
Lederdeckel.
Während des Krieges und in der kargen Nachkriegszeit konzentriert sich Valentin auf die praktische Nutzung seiner handwerklichen Fähigkeiten. So schleift er für Nachbarn und Bekanntein Planegg Messer und Scheren, als Gegenleistung akzeptiert er Zigaretten, die rar und teuer sind. Es wird gedrechselt: Worte und Holz
Genauso wie mit Worten, drechselt
Valentin auch aus Holz liebevoll eigenartige Kunstwerke, die faszinieren.
Winzige Kegel, die zu fünft leicht in einem Reagenzgläschen Platz finden,
kleine Döschen mit noch kleineren Deckeln- es geht
ein seltsamer Zauber von diesen Dingen aus, die
von Valentins Familie sorgfältig aufbewahrt werden.
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